M. Haas: Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz

Cover
Titel
Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz. Kantone Aargau, Bern, Solothurn. Quellen bis 1560


Herausgeber
Haas, Martin
Reihe
Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz 3
Erschienen
Zürich 2008: Theologischer Verlag Zürich
Anzahl Seiten
669 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
André Holenstein, Historisches Institut der Universität Bern

Nachdem die Bände 1, 2 und 4 bereits 1952, 1973 und 1974 erschienen sind, liegt nun nach längerer, der beruflichen Karriere des Herausgebers geschuldeten Unterbrechung auch Band 3 der Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz vor. Damit gelangt diese wertvolle Edition zur schweizerischen Reformations- und Kirchengeschichte zugleich zu ihrem vorläufigen Abschluss. Hatten die drei ersten Bände Quellen zur Geschichte des Zürcher und Ostschweizer Täufertums sowie zu den letztlich gescheiterten Vermittlungsbemühungen in den Täufergesprächen zwischen Berner Prädikanten und Täufern in den 1530er-Jahren präsentiert, so deckt Band 3 mit Quellen zu den Kantonen Aargau, Bern und Solothurn einen weiteren räumlichen Schwerpunkt des schweizerischen Täufertums ab. Der zeitliche Schwerpunkt des Bandes mit seinen 1267 Nummern, die jeweils nach Kantonen gegliedert präsentiert werden, liegt auf den Jahren 1522 bis 1560, vereinzelt werden auch Dokumente bis 1667 vorgelegt. Neben ungedruckten Archivalien aus zahlreichen Staats- und Stadtarchiven hat der Herausgeber auch Quellen aus älteren reformationsgeschichtlichen Editionen berücksichtigt, so aus der bernischen Aktensammlung von Rudolf Steck und Gustav Tobler (1918 / 1923), aus der Basler Aktensammlung von Emil Dürr und Paul Roth (1921 – 1950) sowie einschlägige Stellen aus den gedruckten Briefwechseln von Huldrych Zwingli, Joachim Vadian, Heinrich Bullinger und Johannes Oekolampad. Diese Quellen werden teilweise mit dem Nachweis des bereits vorliegenden Drucks nur als Regest, teilweise aber auch ausführlich wiedergegeben. Im detaillierten wissenschaftlichen Apparat weist der Herausgeber Bibelstellen nach, liefert historisch-biographische Angaben und erläutert die Quellensprache. Das Spektrum der abgedruckten Dokumente ist sehr breit: Es reicht von knappen, lakonischen Einträgen in obrigkeitlichen Rechnungsbüchern, welche die Kosten für die Jagd auf Täufer aufzeichnen, bis zu mehrseitigen Bekenntnissen von Täufern in obrigkeitlichen Verhören. Dass die allermeisten Quellen im Zusammenhang mit Repressionsmassnahmen der weltlichen Obrigkeiten entstanden sind, spiegelt die frühzeitig einsetzende Diskriminierung der Taufgesinnten wider. Der Band dokumentiert die energische Verfolgung der radikalen Anhänger der Reformation und der Täufer von obrigkeitlicher Seite und – gleichsam als Spiegelbild dazu – die zunehmende Absonderung und immer schärfere Trennung der Täufer von der offiziellen Kirche. Die Quellensammlung erhellt aber auch das Verhalten von Bevölkerungsgruppen, die sich nicht, wie von der Obrigkeit und Staatskirche gefordert, scharf von den Täufern distanzierten, sondern Sympathien für täuferische Positionen – etwa in der Zehntkritik – bekundeten. Damit dokumentiert die Sammlung jenes soziale Verhalten von Nachbarschaften und Verwandtschaftsgruppen, dem die Täufer ihr Überleben in Randregionen verdankten und an dem die rigorose Diskriminierung und Verfolgung durch die Obrigkeiten letztlich auch scheiterte. Der Band bestätigt auf eindrückliche Weise die Tatsache, dass unsere Kenntnisse von den Glaubensvorstellungen und der Frömmigkeitspraxis der Täufer in aller Regel nur indirekt und aus der Optik kritisch und feindlich gesinnter Aussenstehender vermittelt sind und nur selten direkt aus Selbstzeugnissen der Betroffenen selbst schöpfen. Ein umfangreiches Register der Personen, Orte, Bibelstellen und Sachen erschliesst das umfangreiche Material unter mehreren Gesichtspunkten für die künftige Forschung. Eine kleine Kritik betrifft die Bibliographie, die nicht auf den neuesten Stand gebracht wurde. Die Arbeiten von Mark Furner 1 werden in den beiden Literaturverzeichnissen (S. XXXIV – XLI) ebenso wenig erwähnt wie der aus Anlass des 450-jährigen Gedenkens an die Berner Täuferdisputation von 1538 erschienene Sammelband. 2

1 Furner, Mark: The repression and survival of Anabaptism in the Emmental, Switzerland 1659 –1743, Ph.D.-Thesis Cambridge 1998; Ders., Lay casuistry and the survival of later anabaptists in Bern, in: The Mennonite Quarterly Review 75 (2001), 429 – 470.
2«... Lebenn nach der ler Jhesu ...» «Das sind aber wir!» Berner Täufer und Prädikanten im Gespräch 1538 –1988, Bern 1989.

Zitierweise:
André Holenstein: Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz. Kantone Aargau, Bern, Solothurn. Quellen bis 1560. Hrsg. von Martin Haas unter Verwendung der Materialsammlungen von Leonhard von Muralt † und der Quellenverzeichnisse von Hans Rudolf Lavater. Zürich: Theologischer Verlag 2008 (Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz, Bd. 3). Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 72, Nr. 3, Bern 2010, S. 95-96.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 72, Nr. 3, Bern 2010, S. 95-96.

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